Was fordert Kunsthochschulen heraus?
Ein Artikel aus dem Jahr 2006, aus Anlass des Symposiums "Reality Check", der Internationalen Gesellschaft für Bildende Künste (IGBK), in Kooperation mit der Akademie für Bildende Künste der Johannes Gutenberg- Universität Mainz. Aus Anlass von “Crosskick", einer Ausstellung der Akademie der Bildenden Künste Wien im Kunstverein Braunschweig, wurde der Vortrag als Symposiumsbeitrag wiederholt. Er ist auch in englischer Übersetzung in "Art Studies. Between method and a fancy" erschienen, einer Publikation der Kunstakademie Vilnius, herausgegeben von Arunas Gelunas, und im Rahmen einer KUNO (Kunstutdanning in Norden) Veranstaltung  an der Kunstakademie in Stockholm gehalten. Zu der Zeit war Klaus Jung Professor und Head of School of Fine Art and der Glasgow School of Art.
Einleitung
Seit 17 Jahren treibe ich mich in Sachen Kunsthochschulen im europäischen Ausland rum. Zuerst war ich 13 Jahre in Norwegen, dadurch kenne ich die Kunsthochschulen in Skandinavien. Jetzt arbeite ich seit vier Jahren  in Schottland, dadurch lerne ich das britische System kennen. Ich habe Kunst in Deutschland studiert, und erinnere mich noch wie man das hier gemacht hat, damals. Durch meine Arbeit für ELIA [1] konnte ich ein wenig erschnüffeln, was denn die anderen europäischen Ländern tun. Ich habe auch ein wenig unter den Teppich von nicht europäischen Bildungssystemen schauen können.
Das macht mich gewiss nicht zu einem Experten, aber es hat die Gelegenheit geschaffen, dass die eigenen Kunstakademie Überzeugungen immer wieder hinterfragt werden mussten. Auf vielen Ebenen sind die Interessen ähnlich. Wie man „Lehre“ organisiert, dass unterscheidet sich schon. 
Ich hatte vor zwei Jahren die Gelegenheit mit Professor Pan Gongkai zu sprechen, dem Präsidenten der Central Academy of Fine Art in Peking. Der fragte mich, wie und was wir eigentlich lehren. Da mir durch ein missglücktes Interview in einer Glasgower Zeitung der Ruf vorausgeeilt war, ich würde noch nicht einmal intensiven Unterricht im Zeichnen propagieren [2], musste ich mir nun etwas einfallen lassen, um ihn davon zu überzeugen, dass wir hier in Europa - auch in seinen Augen - einen wertvollen Beitrag zur Kunst Lehre leisten. Also habe ich von der „ganzen“ Lehre gesprochen, von Künstler/innen mit der Fähigkeit selbstkritisch Entscheidungen treffen zu können, die Ideen in erlebnisfähige Realität umsetzen, von der komplexen intellektuellen Dimension von Kunst und von der Diskussion, welche Rolle Kunst und Künstler eigentlich in der Gesellschaft haben können und sollen. Seine Antwort war: Sie haben soeben einen traditionellen Chinesischen Künstler beschrieben. 
Ich weiß bis heute noch nicht, ob ich das als Anerkennung oder als Kritik sehen soll. Aber mir wurde klar, dass wir auf derselben Seite sitzen würden, wenn es darum ginge für eine Position der Kunst -in welcher Gesellschaftsform auch immer- zu streiten. Daran würden auch Differenzen über Lehrpläne, die Rolle von Tradition und die Organisation von Lehre nichts ändern.
Ich hoffe, dass die Qualität einer akademischen Ausbildung, ganz besonders in der Kunst, in erster Linie an den Inhalten gemessen wird. Organisationsstrukturen sind nur dazu da, zu ermöglichen, dass die Inhalte sich entfalten können, um in einer Atmosphäre von zeitgenössischer Nähe und kritischer Distanz ständig erneuert zu werden.
Bei allen passenden Gelegenheiten und bei regelmäßigen Festreden habe ich immer wieder unterstrichen, dass eine Kunsthochschule es sich nicht leisten kann, still zu stehen. Das war schon so, lange bevor ich durch die angelsächsische Bildungspolitik mit der Nase ins „change management“ gestoßen wurde. Nun meine ich, dass change, Veränderung, kein Wert an sich ist. Hauptsache alles ist in Bewegung? Veränderung sollte schon auf etwas Besseres  zielen. Veränderung kann pro-aktiv und vorausschauend oder experimentell sein, oder re-aktiv, weil Bedingungen und Realitäten sich verändert haben.
Das „Higher Education Manger’s Handbook“ listet Faktoren, die unausweichlichen Einfluss auf alle Hochschulen haben [3]. Es nennt natürlich Globalisierung, die Entwicklung zur Wissens-Gesellschaft, Änderungen in den sozialen Strukturen und die neuen vertraglichen Beziehungen, die Regierungen mit Bildungseinrichtungen eingehen. Es sollte auch von Privatisierung und dem Einfluss reden, den Corporate Sponsoren auf Bildungseinrichtungen haben können.  
Ich will hier nicht weiter darauf eingehen, aber all das sind sicher Faktoren mit kraftvollen Wirkungen, auch auf Kunsthochschulen, und wir müssen uns ihnen kritisch stellen. Auf Kunsthochschulen zugeschnitten, fallen mir vier weitere Eckpunkte ein, zwischen denen wir balancieren müssen, um gute und vorausschauende Kunsthochschulen zu formen. 
Da ist der Kunstmarkt, mit immer mehr steigenden Umsätzen. Zum Beispiel ging vor kurzem durch die Presse, dass einer der Investmentfond Gewinner sich kurzerhand eine Kunstsammlung für $4.000.000 zugelegt hat. Nicht alle Künstler fühlen sich in der Nachbarschaft solcher Spekulationen pudelwohl. Der Kunstmarkt hat sich schon immer für Kunsthochschulen interessiert. Schließlich kommen die Sprösslinge für die neue Ernte dort her. Es gilt aber wachsam zu beobachten, welchen Einfluss der Markt auf Kunsthochschulen haben kann. Frieze magazine, wahrscheinlich dem Kunstmarkt nicht unbedingt negativ gesonnen, widmet sich in der letzten Ausgabe (September 2006) dem Thema Artschools then and now.  Natürlich ist es unsere Aufgabe, Studenten darauf vorzubereiten, etwas auf den Kunstmarkt tragen zu können. In einem Interview mit dem Guardian hat sich Charles Saatchi allerdings vor kurzem darüber beschwert, dass nichts aufregendes mehr aus den Kunsthochschulen kommt [4] . Nicht dass ich übermäßigen Wert auf Charles Saatchi’s Meinung lege, aber interessanterweise hat er als Grund angegeben: "Budgets have been slashed and more emphasis is placed on getting paying students.” Das beschreibt erstaunlicherweise ganz richtig, zumindest einen der Mahlsteine in der Zwickmühle, die auf die britischen Kunsthochschulen einwirkt.
Das führt zum zweiten Eckpunkt: Bildung kostet Geld. Pro Student berechnet gehören Kunsthochschulen neben Medizinischen Fakultäten zu den teuersten Bildungseinrichtungen. Öffentliches Geld ist knapp. Daher versucht die Bildungspolitik, nicht nur in Großbritannien, sich aus der öffentlichen Verantwortung zu stehlen, und die Kosten mehr und mehr auf die Studierenden abzuwälzen. Das verlangt von den Institutionen, sich ‚wie auf dem Markt’ zu benehmen und um lukrative ‚Kunden’ zu feilschen, damit die Ideen, die sie vertreten (wenn sie welche haben) Lebenskraft bekommen können. Die öffentliche Hand verlangt aber auch mehr Verantwortung und Berechenbarkeit von uns, denen das ‚Bilden’ anvertraut worden ist. Ganz richtig so, würde ich meinen. Auch eine Kunsthochschule verwaltet sich nicht von alleine. Aber leider wird der Handlungsspielraum durch immer mehr Bürokratie empfindlich eingeengt. 
Eckpunkt drei: Während das Kunstmarktkarussel sich immer schneller dreht, haben die Absolventen der ersten Kuratorkurse der 80er Jahre sich daran gemacht, dem anderen Standbein des Kunstgeschehens neues Leben zu geben: den Kunstvereinen, Kunsthallen und öffentlichen Galerien. Es erstaunt mich nicht, dass dabei ein ‚Bildungsaspekt’ hohe Priorität bekommen hat, die in manchen Fällen dem Ausstellungsbetrieb sogar den Rang abläuft. Die Pläne für Manifesta 6, die so unglücklich wieder in die Schublade zurück mussten, waren da ein viel versprechendes Beispiel. Dieser neue ‚Bildungsaspekt’ in der Kunstwelt richtet sich an ein breites Publikum, nicht nur an die Spezialisten. Das ist eine Herausforderung, der sich auch die Kunsthochschulen stellen müssen. 
Eckpunkt vier: Noch ein Bereich hat seine Liebe zu dem, was an Kunsthochschulen passiert, entdeckt: Business und Manager Training. Allerorts wird nach Kreativität gerufen, als rettender Ritter in der Not, wo etablierte Volkswirtschaft und traditionelle Produktionsmuster nicht mehr so recht greifen. Der MFA sei der neue MBA, hat Daniel Pink 2004 im Harvard Business Review verkündet, und damit anscheinend dem Kunststudium Qualitäten zugeschrieben, die möglicherweise besser auf Managementaufgaben in der Wirtschaft vorbereiten, als der bislang unausweichliche Master of Business Administration. Viele in den Kunsthochschulen haben sich darüber gefreut, andere haben sich davor gefürchtet. In Essen ist die Zollvereinschool gegründet worden, um Designstudenten und Wirtschaftsstudenten zusammen zu bringen. Der Abschluss ist ein MBA. Allerdings verwendet Pink in seinem Artikel die meisten Zeilen darauf klarzustellen, dass der MBA in den USA schon lange keine Karriere Garantie mehr ist, weil immer mehr Arbeit auch auf diesem Niveau, ins preiswertere Ausland verlegt wird. In seinem kurzen Beitrag in der erwähnten letzten Ausgabe von Frieze fragt Onkwui Enwesor deshalb, ob vielleicht beide Master Titel mittlerweile unter ökonomischen Gesichtspunkten wertlos geworden sind. 
Viele scheinen sich in letzter Zeit für Kunsthochschulen zu interessieren. Neben dem manchmal etwas uninformierten Wehklagen über die angeblich vernichtenden Auswirkungen der Bolognaerklärung ist das meist eine wohltuende Bereicherung. Mir kommt es aber so vor, als wenn die Künstler, die immer noch die Mehrheit der an den Kunsthochschulen Lehrenden sind, sich auffallend still verhalten. Das könnte viele Gründe haben: Haben Künstler an Kunsthochschulen sowieso schon nichts mehr zu sagen? Sind Künstler an Kunsthochschulen so in sich gefestigt - charismatisch-, dass sie es nicht nötig haben sich zu Wort zu melden? Was auch immer der Grund sein mag, ich glaube es ist an der Zeit, die Qualität der Kunsthochschulen, wenn sie aus kritischer Analyse geboren wird, selbstbewusster zur Schau zu tragen. Ich komme noch einmal auf Okwui Enwezor’s Frieze Beitrag zurück. Er sieht die Aufgabe der Kunsthochschulen in der Versöhnung von radikaler, experimenteller individueller Praxis mit den widerspenstigen, unvorhersehbaren und asymmetrischen  Beziehungen die Umwelt bestimmen. Kunst und Bildung seihen zwei Varianten eines Prozesses um Selbstbewusstsein zu erlangen und beinhalten Selbsterkenntnis und Emanzipation. 
Zwischen diesen vier Eckpunkten spanne ich also mein Seil. Wenn ich mir nun überlege, welche Themen in den letzten Jahren die Diskussionen in und um Kunsthochschulen prägen, fallen mir spontan die folgenden fragenden Begriffspaare ein:
Kultur oder Bildung - spezifisch oder universell - Lehre  oder Lernen - Elite oder Masse - brauchbar oder unnütz - mehrstufig oder ungebrochen - Studentenaustausch oder Mobilität - Kreativität oder „creative industries“
Kultur oder Bildung
Hier geht es darum, unter welcher staatlichen Verantwortlichkeit die Kunsthochschulen angesiedelt sind. Wenn ich da nicht was übersehen habe, dann ist in Deutschland das Kultusministerium immer noch sowohl für Kultur als auch für Bildung verantwortlich.
In anderen europäischen Ländern ist das nicht immer der Fall und es gibt eine ganze Reihe von Anbindungen, staatlich, regional, städtisch, königlich, mal beim Bildungsminister, mal beim Kultusminister. Die Unabhängigkeit vom Bildungsministerium scheint mehr Freiheit zu  garantieren, tun und lassen zu können, was man will. Es schaut sowieso keiner so genau hin. Aber es ist auch die bittere Erfahrung, dass die Kulturetats als erste dran glauben müssen, wenn die Ökonomie nicht mehr so floriert. Wenn die Kunst und die Kunstausbildung aber einen Einfluss auf unsere Gesellschaft haben wollen, müssen sie sich ganz in ihrem Zentrum wohl fühlen. Die Randposition mag zwar mehr Freiheiten mit sich bringen, aber sie ist nicht immer sehr einflussreich. Die Konsequenz ist, dass auch die Kunsthochschulen im Bildungssystem mitspielen und sich an dessen Regeln halten müssen, in der Hoffnung einen Einfluss auf das Formen dieser Regeln zu haben.
spezifisch oder universell
Die Absicht, für die Kunst eine klare und einflussreiche Position im Bildungssystem zu erlangen, wird auch von der Tendenz unterstützt, aus Kunsthochschulen Universitäten zu machen. Beispiele sind die University of the Arts in London, die Universität der Künste in Berlin, die Österreichischen und die finnischen Kunstuniversitäten. 
Eine Universität soll sich ursprünglich dadurch auszeichnen, dass Studenten eine breite Bildung angeboten wird, mit der Option, sich in vielen Fachgebieten kundig zu machen. Es geht nicht um den direkten Weg zum Beruf, sondern, ganz im humanistischen Sinne, um gebildete Akademiker, die dazu fähig sind, weit über den Tellerrand ihrer Spezialisierung zu schauen. Die Realität hat das längst eingeholt. Ein hoch spezialisiertes Medizin Studium oder die Anforderungen an einen Informatik Studenten im Zeichen immer mehr komprimierter Studienzeiten, lassen nicht mehr viel Zeit übrig, sich breit zu orientieren.
Und wie spezialisiert oder universell ist ein Kunststudium? Ist es nicht gerade Teil der Spezialisierung in der Kunst, vielfältig zu sein? Gleichzeitig muss man aber auch den Finger auf das essentielle legen können. Um das zu lernen, braucht es Breite in der Lehre. Theorie und Praxis haben sich schon lange in den meisten Kunsthochschulen zusammengetan. Der Einfluss, den die cultural studies in den 80er Jahren an britischen Kunsthochschulen hatte ist zwar etwas zurückgegangen, weil man sich ja darauf konzentrieren musste, auch zur jungen Brit Pop und Brit Art Szene beizutragen, aber ich sehe das wieder auf dem Vormarsch. (Schließlich hat Charles Saatchi ja auch sein Interesse and Kunstschulen verloren.) Eine breite Bildung mit allgegenwärtiger Blickrichtung zur Kunst und zum Kunstwerk eröffnet aber auch die Frage, ob solch ein Studium nur für die von Nutzen ist, die sich zielgerichtet in Richtung Kunstmarkt aufmachen wollen. Sie öffnet auch dafür, neue Rollen zu finden und zu testen, die unsere Kultur formen werden.
Ich vermute, wenn Kunsthochschulen weiterhin eine Rolle spielen wollen, müssen wir uns auch darauf einlassen, dem uneingeschränkten Vorrang auf das individuelle „Künstlertum“ einen breit gefächerten Diskurs einzuschreiben, als ausdrücklichen Teil eines Curriculums. Da haben unsere neuen Kunstuniversitäten vielleicht eine Verantwortung, den anderen durch gute Beispiele beizustehen.
Lehre oder Lernen
Die Frage ist: Wer steht im Mittelpunkt? Das Fach, also die Kunst, der Professor oder die Studenten? Dass der Professor oder die Professorin im Mittelpunkt stehen könnten oder sollten ist gar nicht so völlig abwegig. Ich glaube es gibt gute Beispiele von Professoren und Professorinnen, die in Ihren Klassen eine offene Atmosphäre geschaffen haben, in der die Saat für neue Künstlergenerationen gelegt worden ist. Das hohe Maß an individueller Begleitung und Aufmerksamkeit wird mit Neid auch von anderen Bildungsinstitutionen beobachtet. Das „role model“ Prinzip kann funktionieren, wenn es auch manchmal zu recht merkwürdigen Reproduktionsriten führt. 
Es fällt auf, dass, sobald klar wird, dass man an einer deutschen Kunstakademie studiert hat, die erste Frage ist: bei wem? Das gilt immer noch als Indikator dafür, an welchem spezifischen Diskurs man teilgenommen hat. Allerdings stellen nur deutsche Kollegen diese Frage. 
Als ich 2002 nach Glasgow kam, fand ich im Bachelor Studium, wie vorher in Norwegen, eine Einteilung der Studiengruppen nach Medien vor [5] . Anders als damals wollte ich dieses Mal nicht daran rütteln. Mir war klar geworden, dass es ist nicht so leicht ist, eine Identität aufzubauen in einem völlig freien Raum. Mir fiel wieder das alte Klassenbewusstsein ein, das uns seinerzeit in Düsseldorf geholfen hat, uns abzugrenzen, aber auch uns zurecht zu finden. Statt sie aufzulösen habe ich mich zusammen mit meinen Kollegen darum bemüht, solchen „Identitätsinseln“ einen gemeinsamen Diskurs gegenüber zu stellen. Der Unterschied ist, dass auf solch einer Identitätsinsel nicht mehr nur ein Professor den Ton angibt, sondern ein ganzes Team von Tutoren, angereichert durch eine Reihe von Gästen, und ein Programm von ‚historical, critical und contextual studies’. In den sechziger Jahren haben die deutschen Kunst-Professoren die Curriculums-Idee ad acta gelegt, um für ein freies ungebundenes Lernen und Lehren Platz zu machen. Es scheint mir jetzt an der Zeit, wieder etwas programmatischer an die Kunst-Bildung zu gehen. 
Ein Programm ist nötig, um den reproduktionsrituellen Gefahren des Professor-Sytems entgegen zu wirken. Individuelle Initiativen von einzelnen Künstlern oder Professoren hatten oft großen Einfluss auf die Entwicklung der Studenten in ihren Klassen. Sie verschwinden aber auch wieder mit den Meistern. Das könnte natürlich auch gut so sein, damit Platz für neues geschaffen werden kann. Eine relevante Programmstruktur verhindert aber, dass nicht nur ein Vakuum bleibt. Freie Klassen als professorfreie Studenteninitiativen stehen und fallen auch mit dem Engagement von einzelnen Studenten. Brauchen sie letzten Endes doch eine Leitfigur?
Ein Programm kann eine tragbare Struktur sein, die Gegensätze nicht nur duldet, sondern sogar unterstützt. Antagonismus ist implizit. Programm ist auch nötig, wenn man davon abrückt, dass es die einzige Aufgabe einer Kunsthochschule ist, Künstler auszubilden. Die geringen Erfolgschancen der Absolventen, rein auf den Kunstmarkt bezogen, sprechen ja dagegen. Anstatt das Überleben zum individuellen Risiko zu machen, kann ein Programm den Horizont weiter spannen und auf neue Rollen vorbereiten oder gar entwickeln. Kunsthochschulen könnten Bildungseinrichtungen sein, die Prinzipien der Kunst als Lernen angenommen haben und das auch denen zugänglich machen, die gar nicht unbedingt Künstler werden können. Programm kann  aber auch zu sehr verschult und steif sein. Es kann zu einspurig eine Mono Ideologie verfolgen. Um Offenheit beizubehalten und um Antagonismus als treibende Kraft nutzbar zu machen, sind Optionen, choice, notwendig. Choice kann zu Selbstermächtigung beitragen, choice alleine kann aber auch zu Verwahrlosung führen, wie man das leicht im Universitätsstudium sieht, wenn soziale Bindungen sich immer mehr vom Studienerlebnis entfernen. Im Charisma durchtränkten eins zu eins Stil der Meisterklassen lauert die Gefahr des Meisterreproduzierens. Im reinen choice System lauert die Gefahr der Fragmentierung, aber auch der institutionellen Kontrolle. Wie so oft scheint es auch hier erforderlich, das Beste in den gegensätzlichen Entwürfen zu entdecken, um daraus ein neues und besseres Modell zu bauen von einem Studienprogramm, das wählbare Optionen anbietet sowohl als auch ausreichend Wegbegleitung durch eine TutorIn oder eine ProfessorIn.
Das soll aber trotzdem nicht heißen, dass Studenten eine „Lehre“ angeboten wird, sondern Studenten das „Lernen“ zu ermöglichen. Mit reichlich Trommelwirbeln wurde in Großbritannien zum Beispiel in den letzten Jahren der Wechsel vom Lehren zum Lernen vollzogen, von „teaching“ zu „learning“. Natürlich geht das eine nicht ohne das andere, aber die Frage ist, was in den Vordergrund gestellt wird. 
Das erscheint uns nicht so neu. Stand die Arbeit des Individuums nicht immer schon im Vordergrund des Kunststudiums? Der Begriff Arbeit oder Werk ist hier aber problematisch. Deshalb hat der Wandel auch noch einen Nachspann. Nun steht nicht mehr die Qualität des Kunstwerkes allein als erbrachte Leistung im Vordergrund, sondern das Lernen der Student/In. Da auch Kunststudenten zum Abschluss ihres Studiums einen grade bekommen, also eine Einstufung, muss man fragen, wie ein zur Prüfung eingereichtes Kunstwerk beurteilt wird und wie die Entscheidung der Prüfenden transparent gemacht werden kann. Die Lösung, zumindest für den Augenblick, ist: learning outcomes. Das ist ein Katalog von ganz generellen Definitionen, was eine Student/in gelernt haben sollte, wenn sie eine Stufe ihres Studiums erreicht hat. Wenn zum Beispiel Neugier, unabhängiges Denken oder die Fähigkeit Gedanken in einer Form manifestieren zu können, einen guten Künstler ausmachen, dann ist es unsere Aufgabe, das in den Katalog mit einzuschreiben. Das Werk spielt immer noch eine große Rolle, aber es ist dazu da, zu demonstrieren, wie weit das learning outcome Ziel erreicht wurde, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Wandel von der Lehre zum Lernen scheint vollzogen, und der Student scheint völlig ins Zentrum gerückt zu sein.
Der Wandel ist nicht unproblematisch und ich gebe zu, dass es uns nicht immer leicht fällt, bildungspolitische Einsicht und künstlerische Überzeugung unter einen Hut zu kriegen und das auch noch als potentielles Lernergebnis zu beschreiben. Wie kann man gleichzeitig von der unvorhersehbaren Offenheit des Lernens durch Kunst getrieben sein und der Forderung nach mehr Nachvollziehbarkeit von Lernintentionen zustimmen? Erit Rogoff, Professor für Visual Culture am Goldsmith College, die auch zu den Frieze Betrachtungen über Kunsthochschulen beigetragen hat [6] , unterstreicht das wenn sie dazu aufruft, dass wir uns weniger darum kümmern sollten, wie man das lernen kann, was man wissen müsste, und mehr um das, was wir nicht wissen, und was wir tun müssen, um es heraus zu finden. 
Elite oder Masse
Ein wenig Statistik: [7]  Im Studienjahr 2004/2005 waren laut Statistik 19 750 Studenten für Fine Art, also freie Kunst an britischen Kunsthochschulen eingeschrieben, 17 465 für den Bachelor, 2 285 für den Master, 13 585 waren Frauen und 6 165 Männer, 18 075 Studenten kamen aus Großbritannien, 1675 aus dem Ausland.
Diese Statistik sagt viel aus. Zum Beispiel, dass der Anteil Frauen bei 70% liegt [8] . Das alleine wäre eine ganze Diskussion wert. Hier geht es mir erst einmal nur um die 19 750 Kunststudenten insgesamt. Ich habe keine statistischen Vergleichszahlen, aber ich vermute, dass in Großbritannien wesentlich mehr Studienplätze für die freie Kunst zur Verfügung stehen, als zum Beispiel in Deutschland. Da waren 2004/2005 zwar insgesamt 30 000 Studenten an Kunsthochschulen eingeschrieben, das bezieht aber wohl alle Fachrichtungen inklusive Design, Film, Medien und darstellende Kunst ein. Also: Massenausbildung satt Elite Schulen?
Es sieht so aus. Ziemlich wählerisch sind wir trotzdem. Für die knapp 100 Plätze, die wir in jedem Jahr in Glasgow für den BA Fine Art vergeben können haben sich 2004/2005 617 Studenten beworben; für die 27 MFA Plätze 152. Wir müssen also über 80% Bewerber abweisen, weil wir nicht genug Mittel und nicht genug Platz haben, aber auch, weil nicht jeder von einem Kunststudium profitieren würde.
Wir fragen uns nun, für wen die Kunsthochschulen eigentlich da sind? Wir sind zum Beispiel offenbar nicht sehr attraktiv für ganze Sektionen der Gesellschaft, wie zum Beispiel die black minorities oder die Bevölkerungsgruppen, die sowieso nicht zu den traditionellen Aspiranten für die höhere Bildung gehören. Sind wir immer noch viel zu sehr upper middle class? Die wider access  Agenda diskutiert das im Detail. Obwohl wir die ersten Schritte getan haben, um Studenten auch aus diesen Gruppen anzuziehen, gibt es noch viel zu tun.
Hier will ich aber etwas anderes fragen. Ich habe mir überlegt, was für Erwartungen die Student/Innen mitbringen, die zu uns kommen? Da sind die, die erfolgreiche Künstler werden wollen, und das auch schaffen, mit oder ohne unseren Beistand. Da sind die, die erfolgreiche Künstler werden wollen, und es wahrscheinlich nicht schaffen. Da sind die, die eher daran zweifeln, erfolgreiche Künstler werden zu können, es aber mit aller Kraft versuchen. Nicht selten sind die es, die es schaffen. Da sind die, die gar nicht darauf abzielen, erfolgreiche Künstler zu werden, die aber nahe „an der Kunst segeln“ wollen. Diese schaffen oft die Grundlagen für neue Rollen und alternativen Einfluss auf unsere Kultur. Und da sind die, die einfach nur ein wenig Erfahrung mit Kunst sammeln wollen, die sich erhoffen, dass ihnen Kunst ein wenig hilft, ihren schwierigen Alltag zu meistern.
Auch wenn unsere vordergründige Sympathie bei den hoch Ambitionierten liegt, so ist es doch selbstverständlich unsere Pflicht, ein sinnvolles Studium für alle anzubieten. Die statistischen Zahlen, wie viele denn nun tatsächlich ohne Probleme von der Kunst leben können unterscheiden sich weltweit wohl nicht sehr. Das macht Hollywood jetzt auch zum Allgemeinwissen, wenn John Malkovich als Kunstprofessor Sandiford in der Verfilmung des Thrillers Art School Confidential seiner Klasse lautstark verkündet: „And remember, only one out of one hundred of you, will ever make a living as an artist.“ Da kann man fragen, ob nicht viel zu viele Künstler ausgebildet werden. Wie viele Künstler kann sich ein Staat denn leisten? Die damals neu ernannte Vorsitzende der Malersektion der Künstlergewerkschaft in Norwegen hat das einmal gefragt und vorgeschlagen doch zumindest eine der Kunsthochschulen zu schließen. Meine Antwort darauf war, dass ich das für eine gute Idee hielte. Man solle aber vielleicht noch weiter gehen und warten, bis ein Künstler stirbt, bevor man daran geht einen neuen auszubilden. Damit wäre die Nachfolge in den Gilden doch sauber geregelt.
Eine weitere Statistik: Im Jahr 2005 hat die Glasgow School of Art hat die Abgangsstudenten von 1999 bis 2003 gefragt, was sie nach Ihrem Studium machen. Über 70% haben angegeben, dass sie sich in ihrem professionellen Leben weiterhin hauptsächlich mit Kunst beschäftigen. Das sieht gar nicht so schlecht aus. Die meisten verdienen ihr Geld aber mit einem anderen Job. 36% arbeiten in Schulen oder Hochschulen. Zumindest diese 36% nutzen, was sie studiert haben, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Nur 3% arbeiten als Kellner oder in einer Bar und Taxifahren war überhaupt nicht erwähnt. Das hat uns überrascht.
70% sagen damit, dass sich ihr Studium gelohnt hat, auch wenn sie nicht zu den wenigen Auserwählten gehören. Ist es da nicht unsere Aufgabe, den 70% zu helfen, sich noch besser an den fruchtbaren Peripherien der Kunst und unabhängig vom Markt bewegen zu können? Künstlerrollen verändern sich. Müssen sich Kunsthochschulen deshalb nicht ändern? Oder ändern sich die Rollen, weil die Schulen sich ändern? Selbstverständlich werden wir uns auch weiterhin ganz intensiv für das Lernen der 3% einsetzen, die es einmal schaffen werden, sich am Markt zu behaupten; unter anderem, weil wir ja gar nicht wissen, wer diese 3% einmal sein werden. Es ist aber auch unsere Aufgabe, den 97% etwas mitzugeben, was sie befähigt, ganz andere künstlerische Wirkungsfelder aufzubauen?
brauchbar oder unnütz
Hinter diesem Bergriffspaar verbirgt sich die employability Agenda. Politiker und die Industrie fragen, ob die Hochschulen so ausbilden, wie die Arbeitsgeber und der Arbeitsmarkt es brauchen? Sam Ainsley, die ehemalige Chefin des MFA in Glasgow, hat bei mehreren Gelegenheiten darauf geantwortet, dass sie ganz furchtbar stolz auf ihre Studenten sei. Keiner von ihnen hätte einen Job. Aber fast alle hätten eine Karriere. Nun ist der MFA in Glasgow tatsächlich ziemlich erfolgreich und die Überlebensrate ist sehr hoch.  Die Frage ist trotzdem berechtigt. Sind die Studenten gut genug vorbereitet? Aber: Gibt es denn überhaupt einen Arbeitgeber für Künstler? Da gibt es einen Markt. Der aber ist abhängig davon, dass ständig neues angeboten wird. Zu viel vom selben macht die Preise kaputt. Es nützt also nichts, die Gralshüter des Marktes zu fragen, was denn als nächstes Angebot geplant sei, damit man entsprechend eine neue Generation ausbilden könne.  Oft behaupte ich Studenten gegenüber, dass es die wichtigste Voraussetzung sei, um  für den Markt überhaupt nur in Betracht zu kommen, den Markt kritisieren zu können. Die Fähigkeit zu kritischer Distanz, auch zu sich selbst, hat aber ein Potential, das für viel mehr nützlich sein kann, als nur für den Kunstmarkt. Das ist nur ein Beispiel für das, was man an einer Kunsthochschule lernen kann. Vielleicht ist uns die Fülle der Liste nicht so klar, aber es ist unsere Aufgabe, die ganze Palette der durch Kunst geschärften Fähigkeiten zu preisen. Dann geht es nicht mehr darum, brauchbar für den Arbeitsmarkt zu sein, sondern den Arbeitsmarkt brauchbar zu machen.
mehrstufig oder ungebrochen
Damit sind wir wahrscheinlich bei der Frage, die am meisten brennt. Wie steht es denn mit der Bologna Erklärung? Wie kann man daran denken, ein Kunststudium aufzuspalten in Portionen? Ich bin mir klar darüber, dass die Rektorenkonferenz der Kunsthochschulen in Deutschland die gestufte Studienstruktur und Modulierung des Kunststudiums einstimmig abgelehnt hat. Das muss wohl einen Grund haben. Ich glaube aber, dass die Frage nach dem ob denn überhaupt anderswo gar nicht mehr im Vordergrund steht. Nicht nur in Großbritannien. Ich beziehe mich hier auch nicht auf Modularisierung oder die Verwaltungsreformen, denen sich die Bildungsinstitutionen in Deutschland zurzeit ausgesetzt sehen. Das hat mit der Bologna Erklärung nichts zu tun. Die Erklärung hat lediglich vorgeschlagen, alle Studien in zwei, bzw drei Zyklen aufzuteilen [9], und diese mit klar verständlichen und vergleichbaren Graden zu identifizieren. Ich habe mittlerweile eingesehen, dass in sich abgeschlossene Studienportionen (nicht unbedingt Module) auch für die Kunst Sinn machen. Ganz besonders dann, wenn sich die Kunsthochschulen für mehr öffnen, als ausschließlich für den einsamen Weg zum Künstler Erfolg. 
Wenn wir nun noch mal auf die Statistiken von vorhin zurückgreifen: In Großbritannien: 17 465 Bachelor Studenten, aber nur 2 285 Master Studenten. Hier findet also das große Aussieben statt. Nur 13% machen weiter. Die anderen 87% haben aber einen Abschluss. Mit Bezug auf unsere Untersuchung der Perspektiven nach dem Studium, scheint der Bachelor Abschluss durchaus die Befähigung zu bringen, im professionellen Leben generell Fuß zu fassen. Nicht nur in der Kunst, aber verbunden mit der Kunst. Für die, die weiter studieren wollen, ist der Übergang vom Bachelor zum Master, selten fließend. Der Anteil derer, die direkt nach ihrem Bachelor Abschluss weiter studieren wollen, ist eher gering [10] . Viele versuchen es erst mal mit einer Auszeit, nicht zuletzt um Geld zum Weitermachen zu verdienen. Die Tendenz ist auch, wenn man noch einen Master nachlegen will, dann nicht unbedingt an derselben Schule, an der man auch den Bachelor gemacht hat. Ganz im Sinne von Horizont so weit wie möglich abstecken macht das wohl auch Sinn.
Ich weiß, dass das als Flaschenhalsproblem gesehen werden kann, weil viele davon ausgeschlossen zu werden scheinen, die höheren Weihen des Kunststudiums zu erreichen. Das muss man aber in Relation dazu sehen, dass zu Anfang schon mehr Studenten ein Bachelorstudium ermöglicht wird. Die Gesamtzahl derer, die sich schließlich Master of Fine Art nennen dürfen, ist nicht so weit entfernt von denen, die erfolgreich ein Kunstakademie Studium abschließen. In Schottland ist die Regelstudienzeit vier Jahre und führt zum Bachelor of honours. Im Unterschied zu England, south of the border. Da ist der dreijährige Bachelor die Norm. Allerdings absolvieren die meisten Kunst und Design Studenten in England einen einjährigen foundation course an einer anderen Schule, bevor sie sich für das Bachelor Studium entscheiden. Also sind es auch wieder vier Jahre. Drei Jahre, vier Jahre, oder 6 Jahre? [11]  so ganz sicher bin ich mir da auch nicht mehr. 
Auf der einen Seite habe ich in unserem Studienführer geschrieben, dass wir davon überzeugt sind, dass Lernen und Kreativität Zeit brauchen, sogar Zeit, nichts zu tun, auch wenn das unter ökonomischen Gesichtspunkten teuer ist [12]. Auf der anderen Seite sehe ich aber, dass die Student/Innen den Preis bezahlen. Es ist Realität, dass es immer teurer wird, zu studieren, mit oder ohne Studiengebühren. In Schottland wird ein Bachelor Kunststudienplatz mit £6 800 pro Jahr berechnet, fast €10 000 [13]. Die schottische Regierung legt £5 600 pro Jahr auf den Tisch und £1 200 pro Jahr muss jeder englische oder europäische Student selbst zahlen. Wie Sie sicher wissen, hat man in London den englischen Universitäten das Recht eingeräumt, ab dem nächsten Jahr bis zu £3 000 Gebühren pro Jahr zu erheben [14]. Das sind € 4 200 Studiengebühren pro Jahr, die allerdings erst nach dem Studium fällig werden, und abgestottert werden können. Schottland macht da noch nicht mit. Mit oder ohne top up fees, es wird immer teurer. Die Lebenskosten kommen ja noch dazu. Die meisten unserer Studenten häufen einen gehörigen Schuldenberg and, auch wenn sie versuchen, während des Studiums Geld zu verdienen. Es sieht so aus, als wenn auch Deutschland in diese Richtung gehen muss. Wenn das nun Realität ist oder wird, verstehe ich schon, dass Studenten und ihre Eltern fragen, ob es nicht doch ein wenig kürzer geht. Und ein wenig billiger. Die Verantwortlichkeit, sich die nötige Lebenserfahrung und künstlerische Reife zu erarbeiten, liegt dann beim Studenten selber und ist nicht mehr Teil des Studiums.
Studentenaustausch oder Mobilität
Mehr Mobilität ist eine der Hoffnungen, die Bildungsminister mit der Bologna Erklärung verbunden haben. In erster Linie geht es da um mehr Mobilität auf dem europäischen Arbeitsmarkt. Wenn auch zögernd und mit Zähneknirschen, alle europäischen Nationen müssen den Zugang zu Jobs zumindest für alle Miteuropäer frei ermöglichen, um Europa im globalen Kontext konkurrenzfähig zu halten. Die minimale Voraussetzung ist, dass Abschlüsse anerkannt werden, also vergleichbar sind. Daraus ergibt sich aber auch, dass Studenten selber wesentlich mehr mobil werden können und wollen. 
Nun war das Wirkungsfeld der Kunst ja immer schon international. Der Markt ist nicht in der Heimatregion, der Markt tourt international von einer Biennale zum nächsten Festival zum nächsten Kunstmarkt. Da hilft es sehr, sich schon im Studium international zu orientieren. Internationaler Studentenaustausch hilft und ich bin froh, dass es dafür immer noch Unterstützung gibt. Das mehrstufige System könnte aber noch mehr bieten. Meine Idealvorstellung wäre, das Studenten sich ihr kulturelles Gepäck selber schnüren können. 
Natürlich sieht die Realität anders aus. Wer kann sich so viel Mobilität denn leisten, wenn das Studium so teuer wird. In der Tat engen die großen Unterschiede in den Gebühren die Bewegungsfreiheit ein. Was sich aber abzeichnet ist die Tendenz zu: bachelor at home, master abroad. 60% unserer Master Studenten sind nicht britisch. 30% sind noch nicht einmal europäisch. 
Ich beneide oft unsere Masterstudenten, in so einer Atmosphäre von kultureller Vielfalt studieren zu können. Unser Professor in Düsseldorf hat in den 70er Jahren zwar auch schon großen Wert darauf gelegt einen internationalen Mix in seiner Klasse zu haben, und das ist an vielen deutschen Kunsthochschulen sicher auch heute der Fall. Aber ich bin überzeugt davon, dass die Portionierung, auch vom Kunststudium, wenn sie denn vorsichtig und gut überlegt gehandhabt wird, dem kulturellen Vielfaltspotential noch mehr Antrieb verleiht, nicht mehr als Ausnahme, sondern als Normalfall.
Kreativität oder „creative industries“
Zum Schluss möchte ich noch kurz auf den Begriff Kreativität eingehen. Er steht ganz oben auf der Hitliste der Politiker. Wir alle haben wahrscheinlich von dem Aufstieg und der Flucht der kreativen Klasse [16]  gehört und seit diesen Publikationen ist Richard Florida gern gesehener Gast in den think tanks der Stadtväter weltweit. 
Nun ist Kreativität wieder ganz oben auf der Hitliste der Politiker. Wir alle haben wahrscheinlich von dem Aufstieg und der Flucht der kreativen Klasse [16]  gehört und seit diesen Publikationen ist Richard Florida gern gesehener Gast in den think tanks der Stadtväter weltweit. 
Im Jahr 2005 hat die britische Regierung eine Studie in Auftrag gegeben, wie den kleinen und mittleren Betrieben in Großbritannien zu mehr Erfolg verholfen werden kann [17] . Sir Richard Cox, der die Untersuchung durchgeführt hat, hat die Folgerung gezogen: nur Kreativität und Innovation können helfen. 
Die Direktoren der Kunsthochschulen in Großbritannien nehmen das als Signal, frischen Wind in unseren Segeln zu erwarten. Teilweise zu recht, wie ich meine. Zieht es doch Aufmerksamkeit auf eine Art mit Welt umzugehen, die uns recht geläufig ist. Ich frage mich allerdings, ob wir eigentlich dasselbe meinen. Geht es um Kreativität als einen Trick, eine Technik, die man an- und ausschalten kann? Geht es um eine Industrie, die sich der Unterhaltung verschrieben hat und sich creative industries nennt? Oder um eine grundsätzliche Haltung zum Leben?
In einem Artikel zu künstlerischer Forschung (reasons to research, 2005) habe ich dazu geschrieben: “The term ‘research’ is increasingly found alongside words like ‘creativity’ and ‘innovation’ and it is interesting to note that calls to step up support for creativity have firmly entered the parliamentary debates in the United Kingdom and beyond [18]. In their attempt to prepare for survival in a globalised economy, politicians and industrialists come together to emphasise the importance of investing in research and creativity, to stimulate innovation in order to compete with energetic levels of economic growth in countries like China and India. This should bring us as artists – particularly when we are involved in shaping Higher Art Education – into a prime position. After all, do we not consider ourselves specialists in creativity? We need to ask, however, whether we are speaking about the same concept when we consider how creativity assists economic growth or how it contributes to the cultural and social development of our societies.”
Gegen Ende des Artikels habe ich dann gesagt: “Our art-specific research history is very young, in comparison with centuries of experience in other forms of research. Many mistakes still need to be made before we can safely announce that art as research has achieved a place at the round table of the research guardians. One reason to take part in this process is to emphasise the importance of the role of the arts, maybe as a bitter-tasting enzyme, necessary to break down the potential fatty deposits of innovative overproduction into creative energy worthy of a 21st century society.”
Ich bin überzeugt davon, dass wir alle an Kunsthochschulen einem Zyklus verschrieben sind, der Konsequenzen daraus ziehen muss, das Gewohntes und Ungewohntes zum ästethischen „Normal“ und „Herschendem“ wird. Ein neuer Blickwinkel wird gesucht, der in neuer Form stellung bezieht zur Welt, damit dieser auch wieder vom Ungewohnten zum Gewohnten mutiert – und wieder Platz für neues schafft.  Das ist ein Antrieb, an dem wir alle mitwirken, dazu wollen und sollen Kunsthochschulen beitragen, unabhängig davon, wie sie organisiert sind, ob sie einstufige, zweistufige oder dreistufige Angebote machen. Die kontinuierliche Erneuerung der Inhalte ist wichtig.
Die Organisationsformen ändern sich. Change ist kein Selbstzweck, Veränderung macht nur Sinn, wenn sie zum Besseren führt. Kritik an vorgeschlagenen Veränderungen ist notwendig. Es ist aber wenig produktiv, sich strukturellen Veränderungen grundsätzlich zu widersetzen, sei es aus Missverständnis, aus Unverständnis oder aus Trotz.
 [1] European League of Intstitutes of the Arts, www.elia-artschools.org
 [2] Auf die Frage, wie ich es denn mit dem Zeichnen halten würde und ob ich weiterhin unterstützen würde, dass Kunststudenten erst mal zeichnen lernen sollten, habe ich geantwortet, dass wüsste ich noch nicht. Als ich Student war, wäre das überhaupt kein Thema gewesen. Ich hätte nie Aktzeichnen gemacht, und wer weiß, vielleicht könnte ich ja gar nicht zeichnen. Daraus wurde die Schlagzeile: „New Head of Fine Art, who can’t draw“
 [3] The Higher Education Manager's Handbook: Effective Leadership and Management in Universities and Colleges (Paperback) by Peter McCaffery, Routledge Falmer (12 Aug 2004), ISBN: 0415335078
 [4] What Charles did next, The Guardian, Wednesday September 6, 2006
 [5] Painting and Printmaking, Fine Art Photography, Sculpture and Environmental Art
 [6] Frieze, issue 101, September 2006: Schools of Thought: Three lecturers from art academies in the USA, Germany and the UK reflect upon the strengths and failings of art education today by Okwui Enwezor, Stephan Dillemuth and Irit Rogoff:
The question in education in general, and in art education in particular, that we have not yet begun to deal with is not that of specifying what we need to know and how we need to know it, of who determines this and who benefits from it. Rather, it is a question regarding how we may know what we don’t yet know how to know. And it is here, in the aim of accessing this complex aspiration, that we need to change our vocabulary – to swap knowledge transfer and knowledge assessment, professionalization, quantifiable outcomes and marketability for another set of terms and another set of aspirations.
 [7] Quelle: HESA, Higher Education Statistics Agency, www.hesa.ac.uk
 [8]  Bei uns in Glasgow (Fine Art) sind es 66% im Ganzen, 60% im MFA
 [9] Drei, wenn man den Doktorgrad mit einbezieht. Die Optionen eines practice led PhD, ein degree der jetzt an vielen Schulen in Großbritannien angeboten wird, wird von immer mehr Kunststudenten gewünscht.
 [10] Das bezieht sich in erster Linie auf GB. In Skandinavien ist der Übergang eher fließend.
 [11] Ich selbst habe 6 Jahre an der Kunstakademie Düsseldorf studiert und ein Jahr am Royal College.
 [12] “We underline the value of education in its own right. We have begun to question the value of ‘fast-tracking’ education, which seems to rank so high on the agendas of many politicians. Education, particularly education in creativity, must provide students with time to mature and develop. Both, students and staff need time to reflect and to develop understanding. We sometimes need to provide time not to do things. Unstructured time can nurture creativity. We are aware that this can be expensive. We know that education, as much as culture, comes at a price.”
 [13] In unseren Augen reicht das natürlich hinten und vorne nicht. 
 [14] aus Wikipedia: Currently, most British students (except Scottish students studying in Scotland) pay a contribution towards their tuition fees (anything from £0-£1,250 a year). ... The fees are paid up front during each academic year. … The new top-up fees will operate as follows (figures are given for the academic year 2006-2007, and may rise by no more than the inflation rate until 2010): Universities will be able to charge students anything from £0 up to a maximum of £3,000 per year… Nearly all universities have chosen to charge the full £3,000. All Scottish universities will charge £1,700 per year (£2,700 for medical courses), but only to non-Scottish students (see below). Rather than pay the fees up front (as is the case now), they will be paid by the government-owned Student Loans Company (SLC), the same body that currently provides student loans. … Students will repay their loans and tuition fees after graduation in the same income-dependent way as at present. Interest on the loans will still be tied to inflation, so they have a zero 'real' rate of interest. …
 [15] Richard Florida: „The Rise of the Creative Class“ (2002) and „The Flight of the Creative Class“ (2005)
 [16] See Sir George Cox, Cox Review of Creativity in Business: Building on the UK’s Strengths, December, 2005:
www.hm-treasury.gov.uk/independent_reviews/cox_review/coxreview_index.cfm
 [17] See Jack McConnell, First Minister of Scotland, St Andrew’s Day Speech, 2003 http://www.scotland.gov.uk/News/News-Extras/176
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