Ablenkungsniveau - verschleiert und verstrickt
Ablenkungsniveau: verschleiert und verstrickt
Freie Sicht bedeutet Orientierung und die Freiheit, sich auszusuchen, wohin das Auge schweifen will. Das Auge will in Bewegung bleiben, um für alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Es könnte ja plötzliche Flucht notwendig werden. Es könnte aber auch sein, dass das unbewegliche Auge überraschende und attraktive Momente der Schönheit verpasst oder auf die propagandistische Wirkung von verzerrten oder verfälschten Nachrichten hereinfällt. Was passiert, wenn die freie Sicht blockiert wird? Durch den Vordermann im Stau, durch die Fingerabdrücke auf dem Fenster im Zugabteil, durch unnötig eingeritztes Tagging oder gar durch das unsinnliche Überkleben der Straßenbahnfenster mit Reklame. Das Auge wird träge, es langweilt sich und signalisiert dem Gehirn Übelkeit. Es bleibt nichts übrig, als sich anderen Dingen zuzuwenden: der Zeitung, dem Bildschirm des Smartphones und einem dumpfen vor sich hin Starren. Im zweiten Semester an der Kunstakademie in Düsseldorf habe ich 1974 die völlig verschmutzen Fenster des Ateliers auf der Karl Anton Straße geputzt. Nicht ganz, nur zum Teil, ein akkurates Rechteck. Endlich wurde der Blick auf den Efeu-Bewuchs des gegenüberliegenden Giebels frei. Zur Dokumentation wurden Fotos gemacht.
Freie Sicht bedeutet Orientierung und die Freiheit, sich auszusuchen, wohin das Auge schweifen will. Das Auge will in Bewegung bleiben, um für alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Es könnte ja plötzliche Flucht notwendig werden. Es könnte aber auch sein, dass das unbewegliche Auge überraschende und attraktive Momente der Schönheit verpasst oder auf die propagandistische Wirkung von verzerrten oder verfälschten Nachrichten hereinfällt. Was passiert, wenn die freie Sicht blockiert wird? Durch den Vordermann im Stau, durch die Fingerabdrücke auf dem Fenster im Zugabteil, durch unnötig eingeritztes Tagging oder gar durch das unsinnliche Überkleben der Straßenbahnfenster mit Reklame. Das Auge wird träge, es langweilt sich und signalisiert dem Gehirn Übelkeit. Es bleibt nichts übrig, als sich anderen Dingen zuzuwenden: der Zeitung, dem Bildschirm des Smartphones und einem dumpfen vor sich hin Starren. Im zweiten Semester an der Kunstakademie in Düsseldorf habe ich 1974 die völlig verschmutzen Fenster des Ateliers auf der Karl Anton Straße geputzt. Nicht ganz, nur zum Teil, ein akkurates Rechteck. Endlich wurde der Blick auf den Efeu-Bewuchs des gegenüberliegenden Giebels frei. Zur Dokumentation wurden Fotos gemacht.
In „Ablenkungsniveau - verschleiert und verstrickt“ wird die Sicht auf Fotokombinationen durch Überlagerungen erschwert, ähnlich wie in früheren Arbeiten. Es wird ausprobiert, wie weit man gehen kann, bevor das Auge das Interesse verliert, weil die freie Sicht auf die interessanten Bilder in der Ferne durch die Informationen der Nähe verhindert wird. Ferne und Nähe gleichzeitig aufnehmen zu können ist ein Privileg und eine Fähigkeit, die immer wieder trainiert werden muss. Die Hälfte der Serie wird von schraffierenden Zeichnungen überlagert, die digital erstellt wurden. Der wiederholende Charakter lässt fragile Maschen entstehen, die den Blick frei geben auf das was dahinter liegt. In Sonderdrucken werden außerdem Lichter aus Pinselstrichen mit Ölfarbe appliziert. Das Ablenkungsniveau der anderen Hälfte der Serie ist von Spitzenklöppeleien inspiriert. Spitzen verschleiern das, was dahinter liegt. Das kann die bürgerliche Enge hinter dem Brokat-Deckchen sein, Spitzen können aber auch erotische Spannung erzeugen, indem sie von der dahinter liegenden Haut und der verschleierten Person nur gerade so viel enthüllen, dass sich Sehnsucht und Lust mit dem Bedürfnis nach Wahrheit vermischen.
Hinter den Zeichnungen und Übermalungen liegen Bildpaare, ähnlich wie schon in Zweite Meinung. Ferne und Nähe suchen Anschluss, zwei Landschaften lehnen sich an, alte und neue Architektur misst sich aneinander und Innen und Außen widersprechen ihrer Definition.
Ablenkungsniveau ist als Serie von 80 Bögen angelegt. Sie werden im Format von 200cm x 200cm auf Vinyl-Plane (als Grundlage für manuelle Übermalungen) und im Format von 50cm x 50cm auf Kunstdruckpapier (gerahmt, hinter Glas) gedruckt.
Jede Serie ist die Ableitung einer künstlerischen Strategie und unterstützt Vielfalt in scheinbar Ähnlichem. Das Wiederkehren erzeugt einen Rhythmus, der den einzelnen Ton trägt und damit eine Melodie erzeugt. Ein ästhetisches oder künstlerisches Prinzip, das abgewandelt und weitergetragen wird, überwindet die Vereinsamung syntaktischer Bruchstücke und ermöglicht das Bilden von Sätzen, die sich zu einer Erzählung verflechten können. Da die von mir gewählten Bruchstücke einen inhaltlich oder örtlich vorgegebenen Zusammenhang verweigern, überrascht es um so mehr, dass aus dem einander fremden doch eine gemeinsame Geschichte werden kann.
levels of distraction - veiled and entangled
levels of distraction: veiled and entangled
An unobstructed view gives orientation and the freedom to choose what the eye wants to see. The eye wants to remain in motion in order to be prepared. Sudden flight might be necessary. The eye could miss surprising and attractive moments of beauty, or it could fall for the propagandistic effect of warped or faked news, if it looses its self determination. What happens when the view is blocked? Through the car in front in a traffic jam, through the fingerprints on the window in the train, by unnecessarily incised tagging or even by nonsensical advertisement plastered over the windows in the tram? The eye becomes sluggish, it gets bored and signals nausea to the brain. There is nothing else to do than to turn to other things: the newspaper, the screen of the smart-phone or dull staring. In the second semester at the Kunstakademie in Düsseldorf in 1974, I cleaned the dirty windows of the studio on Hildebrandstrasse: not fully, but partial, an accurate rectangle, at last it was possible to marvel at the ivy on the opposite gable. Photos were taken as documentation.
An unobstructed view gives orientation and the freedom to choose what the eye wants to see. The eye wants to remain in motion in order to be prepared. Sudden flight might be necessary. The eye could miss surprising and attractive moments of beauty, or it could fall for the propagandistic effect of warped or faked news, if it looses its self determination. What happens when the view is blocked? Through the car in front in a traffic jam, through the fingerprints on the window in the train, by unnecessarily incised tagging or even by nonsensical advertisement plastered over the windows in the tram? The eye becomes sluggish, it gets bored and signals nausea to the brain. There is nothing else to do than to turn to other things: the newspaper, the screen of the smart-phone or dull staring. In the second semester at the Kunstakademie in Düsseldorf in 1974, I cleaned the dirty windows of the studio on Hildebrandstrasse: not fully, but partial, an accurate rectangle, at last it was possible to marvel at the ivy on the opposite gable. Photos were taken as documentation.
„Level of distraction - veiled and entangled“ applies an overlay of drawings, patterns or brush strokes to picture-combinations, similar to earlier work. How far can we go before the eye loses interest because the free view of the interesting pictures in the distance is blocked by disturbing information of proximity. Being able to perceive distance and proximity at the same time is a privilege and a skill that needs constant exercise. Superimpositions aggravate the free view on pairs of juxtaposed photographs, similar to earlier work. How far can we go before the eye loses interest because the free view of the interesting pictures in the distance is blocked by disturbing information of proximity. Being able to perceive distance and proximity at the same time is a privilege and a skill that needs constant exercise.
Half of the series exposes layers of digital drawings. Their repetitive character produces hatchings and mesh, which only occasionally opens for what is hidden. In a special edition the prints will be highlighted by brush strokes of oil paint Laces have inspired the level of distraction used for the other half. Laces veil what is behind them. This could be the depressing constrictions of the bourgeois home. Or it could foster erotic tension, giving away only so much of skin or a veiled person, that desire and lust mix with a quest for truth.
Pairs of pictures rest under the layers of drawings and lace-patterns. This has been the strategy in second opinion from 2015 already: distance and proximity seek connection, two landscapes lean on each other, old and new architecture match each other, and inside and outside contradict their definition.
Level of distraction is designed as a series of 80 sheets. They are printed on vinyl in the format of 200cm x 200cm (the canvas for oil paint highlighting) or on quality paper in the format of 50cm x 50cm (framed, and behind glass)
Each series is a derivation of an artistic strategy, supporting diversity in what appears to be the same. Repetition creates rhythm, bearing single tones to combine to melodies. Variations and development of aesthetic or artistic principles overcome the loneliness of syntactic fragments and empower the building of sentences interlacing to narratives. Although the fragments I choose resist the quest for contextual or local connections, a common story evolves out of what seams to be alien to each other. This is a welcomed surprise.
Also available as hard cover book (30 x 30 cm)
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