DE
Klaus Jung studiert von 1973 bis 1979 an der Kunstakademie Düsseldorf, zunächst bei Fritz Schwegler, später bei Klaus Rinke. Neben der Gelegenheit, hoch konzentriertes eigenes Arbeiten entwickeln zu können, ist die Nähe zu Mitstudierenden und  zu Lehrenden sowie die kollektive kritische Auseinandersetzung, die sich daraus ergiebt, ausschlaggebend dafür, dass das Studium als überaus fruchtbar empfunden wird. Kunst machen erinnert an selbstbestimmtes Lernen. Die Lernmittel müssen dazu selbst erschaffen werden. Frühere Arbeiten bewegen sich in erster Linie im Umfeld von Skulptur. Zu Anfang steht der räumliche Bezug aufeinander und auf das Umfeld der Platzierung im Vordergrund. Später wuchs das Interesse für das Innere des Volumens, das eine Skulptur umschließt. Ihm wird mit grafischem Material und Fotografien Inhalt gegeben. Später wird der Inhalt den Skulpturen wieder entrissen, um im Hintergrund den Rahmen zu beschreiben. Auf den Abschluss des Studiums in Düsseldorf folgt noch ein Jahr an der Sculpture School des Royal College of Art in London dazu, unterstützt durch ein Stipendium des DAAD. Die Erfahrungen aus dem Studium fließen später in das eigene Lehren ein. Sie stehen auch bei Entscheidungen zur Organisation von Kunsthochschulen zur Seite.
EN
Klaus Jung studies at Kunstakademie Düsseldorf between 1973 and 1979. In the first year, he is taught by the artist Fritz Schwegler and mainly by Klaus Rinke.  After completing studies in Düsseldorf an additional postgraduate year brings Klaus Jung to the sculpture school at the Royal College of Art in London, supported by a grant from the DAAD. The experiences from studying influences Jung’s attitude to teaching and later informs decisions in the organisational tasks in art schools.
Making art is reminiscent of an extreme form of independent learning for which learning tools must be created by the learner. Early work is sculptural, extracting form and colour from the surrounding in which the work will be placed. Later, the inner volume of constructed forms is prioritised, complemented by visual material and photographs. Beyond this, visual content is applied to walls as a background for the work.
Ecken
Nach ersten Versuchen mit malerischen Arbeiten auf Leinwand und Papier setzt sich im Studium das Interesse für räumliche Zusammenhänge durch. Um die Zimmer und die Räume, in denen  gearbeitet, gelebt oder ausgestellt wird, erfahren zu können und erfahrbar zu machen, entstehen skulpturale Formen aus den architektonischen Gegebenheiten der späteren Platzierung. Die ersten Objekte sind massive Formen, die aus  Holzspanplatten geleimt werden. Die Oberflächen werden sorgfältig mit Lackfarbe in mehreren Schichten überzogen. Auch die Farben reagieren auf die Farben der Umgebung.  Die Formen sind eigenständig und eigenwillig, sie passen sich aber in ihre Umgebung wieder ein und üben dadurch Einfluss auf sie aus. Die Fotos zeigen drei Beispiele aus einem umfangreichen Ensemble, dass für den Klassenraum außerhalb des Haupthauses der Kunstakademie auf der Karl-Anton-Strasse entwickelt wird.(1976)
Corners
After a range of experiments with painterly work on canvas and paper, studies concentrate on spatial contexts. Sculptural forms are extracted from the surroundings in which the work will be placed. This heightens the experience of rooms in which life and work take place, and it promotes the transfer of this experience to others. The first objects are massive forms cut out from blocks of chipboard. The surface of the blocks is covered with carefully applied layers of enamel paint. Colours are mixed from tones found in the surrounding area. The forms are individual and independent, but they adapt to the environment at the same time as they exert an influence upon it. The photographs below show three examples from a comprehensive set of work from 1976, developed for the studio at Karl-Anton-Strasse in Düsseldorf, an external extension of the Kunstakademie.
Dächer
Der neugierige Blick auf räumliche Zusammenhänge wird auf Aussenräume erweitert. Der finale Auslöser dafür ist eine Studienreise der Rinke-Klasse nach New York, un dort besonders die Vogelperspektive vom Empire State Building auf das Raster der Straßen und Gebäude von Manhattan. Wannen aus Hartfaserplatten mit einem Rand von drei cm repräsentieren jeweils das Dach eines Hauses. Die Wannen sind mit braunem Fußbodenlack gestrichen, und wieder so nebeneinander gelegt, wie es der Stadtplan zeigt. Die Arbeit wird 1978 nur einmal im Rahmen einer Gruppenausstellung der Rinke-Klasse im Hause der Jugend in Wuppertal gezeigt. Nach der Erfahrung mit dieser Arbeit gibt es weitere Arbeiten, in denen der Grundriss eines Zimmers durch Einlegen einer passgenauen Wanne, die ebenfalls mit braunem Fußbodenlack ausgestrichen ist, als Ganzes sichtbar gemacht wird. Sie kann integrierter Bestandteil des Zimmers sein oder als abgenommene Form in einem anderen Raum gezeigt werden. Einige Jahre später wird der Versuch unternommen, zumindest die Anordnung der Dachwannen als Simulation in einem CAD Programm nachzustellen. Das Foto zeigt die Installation im Haus der Jugend in Wuppertal.
Roofs
Curiosity about spatial contexts shifts from rooms to external spaces. The final trigger is a study trip to New York, especially the birds-eye perspective of Manhattan roofs and street patterns that is visible from the observation deck of the Empire State Building. Trays built from hardboard, with a 3 cm edge, are arranged on the floor to represent buildings. The tubs are painted inside with brown floor paint. They are placed next to each other in the same grid as that described in the street map of Manhattan. This ensemble was exhibited in a group show called „Klasse Rinke“ [Rinke’s Class] in Wuppertal. Further works also relate to inside spaces, completely covering the floor of a room with trays made from paper. These pieces are intended to function either as an integrated part of the room of origin or as independent forms in a different room. As the work is fragile and has not endured physically, an attempt to recreate it, as a CAD simulation is made some years later.
Eiskellerberg
Für seine Abschlussarbeit an der Kunstakademie Düsseldorf kehrt Klaus Jung zu den ortsabhängigen und ortsbestimmenden Formen zurück. Als Ort sucht er sich eine Treppensituation im Hauptgebäude am Eiskellerberg aus. Die Arbeit hat damit bewusst eine Durchgangs-Atmosphäre. Eine „edle“ frontale Präsentation wird vermieden. Die Skulpturen sind keine massiven Körper , sondern Kästen mit Innenleben, Räume in Räumen. Das Äußere ist matt weiß, das Innere ist mit Hochglanzlack definiert: eine Reihe von Farbtönen, von hell nach dunkel sortiert. Je größer die Öffnung, also je mehr Innenleben sichtbar ist, desto dunkler der Farbton. (1979)       
Eiskellerberg
The final work at Kunstakademie Düsseldorf is again an in-situ ensemble. A staircase within the main building at Eiskellerberg was selected for the piece, giving it a walk-through atmosphere and avoiding a frontal form of presentation. The sculptures are not solid blocks, like in Corners, but boxes with an inner life. The external skin is roughly painted white, while enamel paint is carefully applied to the inside. A colour chart emerges, from bright to dark; the more of the inside that is visible, the darker the colour tone. (1979
Schrankwand
Die Akademiezeit ist vorüber. Der Zugang zu einem großzügigen Atelier ist nicht mehr gegeben. In der Wartezeit, bis das Studium in London beginnen soll, konzipiert Klaus Jung eine Wandarbeit für das Zimmer, in dem er während des Studiums wohnt. Die Silhouetten aller Möbel und die Struktur der Fensterrahmen wird auf die dem Fenster gegenüberliegende Wand projiziert und wie ein Regal mit zehn cm Tiefe in die dritte Dimension gebracht. Mit intensiver Farbgebung sind die so entstandenen Volumen markiert. Einige Elemente funktionieren wie offene Regale, andere sind mit klappbaren Türen versehen, wie eine Schrankwand. Am Abend vor der Abreise nach London im Spätsommer 1979 werden Freunde und Bekannte eingeladen, um die Arbeit zu sehen und den Abschied zu feiern.
Wall unit
The study period is over. Access to a spacious studio is limited. While waiting for the departure to continue studying in London, Klaus Jung produces a piece for his room in a shared flat in Düsseldorf. The silhouettes of all furniture the shape of  the window are projected onto the wall opposite the window. This outline is extracted into space, to a depth of 10 cm, to form a shelf. The inside is marked with vivid colours. Some forms are used as open shelves; others can be closed with hinged doors, like cabinets fashionable in the 1970s. Friends and art enthusiasts are invited to see the work and to say goodbye on the evening before Jung leaves for London.
Queen's Gate
Am Royal College in London steht wieder ein prächtiges Atelier in den ehemaligen königlichen Ställen zur Verfügung. Stück für Stück werden Skulpturen als Reaktion auf die räumlichen Situation geschaffen. Statt eines Innenlebens aus Farbe wird eine Vielzahl von Materialien für die Innenräume verwendet: kitschig gemusterte Tapeten, billiges Dekorationsmaterial, Zeitungsausschnitte, Seiten aus Supermann-Comics, performative Fotoserien und Zeichnungen. In Anlehnung an die letzte in Düsseldorf entstandene Arbeit werden alle Formen auf eine der Wände als zusammenfassender Plan projiziert und farbig ausgelegt. (1980)
Queen's Gate
The Royal College of Art in London provides access to generous and curious studios at Queen’s Gate in the former royal stables. Bit by bit, pieces of sculpture are developed which react to the distinctiveness of the space. Instead of marking the inside of forms with colour, a range of decorative material is used, including kitsch wallpaper, fake tiles, cuttings from magazine and Superman comics, drawings and photographic documentation from performative actions. All work is marked on a map projected onto one of the walls of the studio. (1980)
Hildebrandtstrasse
Nach der Gelegenheit, das gesamte Konzept im Rahmen der degree show  am Royal College 1980 präsentieren zu können, werden alle skulpturalen Elemente nach Düsseldorf in das Atleierhaus Hildebrandstrasse transportiert. Dort lebt und arbeitet  Klaus Jung in den folgenden neun Jahren. Da die Formen nun ihrem räumlichen Bezug entrissen sind, wird ein neuer geschaffen. Teppiche umrahmen, Stühle zentrieren, Lampen beleuchten und einige Formen werden selbst zu Lampen. Das Äussere ist nicht mehr weiß, wie im Londoner Original, sondern mit blauem Hammerschlag-Lack gestrichen. Das gesamte Ensemble wird im Rahmen einer der ersten Hildebrandtstrassen Wochenend-Ausstellungen 1980 gezeigt.
Hildebrandtstrasse
The Royal College provides an opportunity to present the full concept behind this body of work as part of a degree show in 1980. After that, all the sculptures are shipped to Düsseldorf, to the studios at Hildebrandtstrasse, where Klaus Jung lives and works during the subsequent nine years. As these forms are now deprived of their original surroundings, a new context is created. Carpets frame the works; chairs are included; lamps illuminate the works and some even become lamps. The external skin of the forms is now covered with special blue enamel. This ensemble is shown in one of the first weekend exhibitions at Hildebrandtstrasse in 1980.
Malen
Von den Lackarbeiten an den Skulpturen bleiben Farbreste. Außerdem liegen große Packpapierbahnen und große Stücke grundierter Baumwollstoff in der Klasse ungenutzt. Es ist Punk-Zeit und Neue Wilde machen auf sich aufmerksam. Auch Klaus Jung malt noch vor der Abreise nach London wild drauf los, als erholsame Übung zwischen der Arbeit an den skulpturalen Konzepten. Die äußerst groben Malereien, zwischen 1979 und 1982 entstanden, sind nie gezeigt worden. Die Formate sind etwa 250 cm an der größten Länge.
Paintings
Paint is left over from work on the sculptures. Large sheets of unused paper and canvas lie around the studio at the academy. Punk and the "Neue Wilde" (neo-expressive painters) emerge. Time to start painting as a welcome break from the work on sculptures and concepts. The very rough paintings, accrued between 1979 and 1982, are never exhibited. The format is about 250 cm at their longest side.
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